Vergütung 11.01.2022, 16:01 Uhr

Jeder vierte Mitarbeiter im klassischen Handel bekommt Niedriglohn

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass jeder vierte Mitarbeiter im klassischen Handel in Deutschland nur mit einem Gehalt im „unteren Entgeltbereich“ auskommen muss.
(Quelle: shutterstock.com/CodedeatH33)
Amazon und andere Online-Dienste werden regelmäßig hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen kritisiert. Dabei steht zumeist das Gehalt im Fokus. Doch nicht nur die Online-Branche muss sich mit solchen Vorwürfen auseinandersetzen und an ihren Strukturen arbeiten, wie eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Darin wurden die Gehälter und die Lohnunterschiede von 2020 nach Regionen, Geschlechtern, Branchen und Qualifikation ausgewertet.
Die Erhebung macht nun deutlich, dass auch der klassische Handel diesbezüglich kritisch beäugt werden sollte. So arbeitet jeder vierte Mitarbeiter im Handel (24,9 Prozent) im "unteren Entgeltbereich". In der Logistik liegt der Anteil bei 28,3 Prozent.
Zum Vergleich: Über alle Berufsgruppen hinweg liegt die Quote der Arbeit im "unteren Entgeltbereich" bei 19 Prozent. Dessen Obergrenze lag 2020 bei maximal 2.284 Euro brutto monatlich. Der "untere Entgeltbereich" wird wie folgt definiert: Trotz Vollzeitarbeit bekommen die Arbeitnehmer ein niedriges Monatsentgelt von weniger als zwei Drittel des mittleren monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten.
Weitere Erkenntnisse der Studie:
  • In Ostdeutschland ist der untere Entgeltbereich weiterhin stark verbreitet und zugleich die Tarifbindung weit niedriger als im Westen.

  • Unter den Frauen müssen bundesweit 25,4 Prozent mit einem niedrigen Monatseinkommen trotz Vollzeitarbeit auskommen, unter den Männern 15,4 Prozent.

  • Überdurchschnittlich häufig betroffen sind auch junge Vollzeitbeschäftigte, solche mit ausländischer Staatsangehörigkeit und Personen ohne Berufsabschluss.

  • Stadt- und Landkreise mit hohen Wohnkosten weisen niedrigere Anteile von Vollzeitbeschäftigten im unteren Entgeltbereich auf. "In Regionen mit hohen Mieten sind zumeist auch die Löhne höher. Das bedeutet aber nicht unbedingt mehr Kaufkraft für die Beschäftigten, weil die Mieten und Preise den höheren Lohn gleichsam auffressen", kommentiert dazu WSI-Forscher Eric Seils.
Das Resümee von WSI-Forscher Helge Emmler lässt aber hoffen: Insgesamt sei der Anteil der Niedrigverdiener 2020 leicht zurückgegangen. Und: "Die geplante Anhebung des Mindestlohnes auf 12 Euro ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Um hier weiterzukommen, ist darüber hinaus eine Stärkung der Tarifbindung erforderlich."




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