Was für virtuelle TK-Anlagen spricht - und was dagegen

(Noch) ein Nischenprodukt

Nach wie vor fristet der IP-Centrex-Markt hierzulande allerdings ein Nischendasein: Laut einer Analyse des Bonner Marketingprofessors Jens Böcker – im Übrigen im Auftrag von Nfon – haben virtuelle Telefonanlagen in Deutschland gerade einmal einen Marktanteil von 1,5 Prozent. Zum Vergleich: In den USA macht dieser bereits 25 Prozent aus. Allerdings soll der IP-Centrex-Markt in den kommenden Jahren signifikant steigen – dazu Nfon-Vorstand Marcus Otto: „Bis 2015 erreicht IP-Centrex aller Voraussicht nach einen Marktanteil von 50 Prozent bei den Neuanschaffungen.“ Eine gewagte Prognose, wenn man bedenkt, dass virtuelle Telefonanlagen hierzulande bei den meisten Kunden weitgehend unbekannt sind: Laut der Nfon-Studie aus diesem Frühjahr gaben 61 Prozent der befragten Entscheider an, weder die Begriffe „virtuelle Telefonanlage“ oder „IP-Centrex“ noch „Hosted PBX“ zu kennen.
Einen deutlichen Anschub des Kundeninteresses erwarten Anbieter wie Toplink deshalb, wenn die großen Carrier in den Markt einsteigen. „Wir begrüßen das sehr, da dies die Akzeptanz und Weiterentwicklung innovativer virtueller Telefonanlagen vorantreiben wird“, erklärt Schunk. Hintergrund: Sowohl die Telekom als auch Wettbewerber Vodafone hatten auf der diesjährigen CeBIT eigene Lösungen angekündigt. Vodafone plant mit OfficeNet eine hybride Lösung, bei der von Anfang an das Handy in die virtuelle Telefonanlage eingebunden werden soll, der Start war für diesen Sommer vorgesehen – bislang wurde das Produkt aber noch nicht gelauncht. Aktuell befindet sich das Projekt noch im Rollout der mobilen Variante. „Der Rollout des kompletten Service, inklusive Festnetz und Mobilfunk, beginnt Anfang 2011“, kündigt Sven Fischer an, Leiter Produktmarketing Solutions & Services bei Vodafone Deutschland. Auch das Konkurrenzprodukt der Telekom, DeutschlandLAN, wird bislang noch nicht aktiv vermarktet; wann das System konkret an den Start geht, ist noch ungewiss.
Jürgen Signer, CEO der Aastra Group Germany, gibt sich als ITK-Hersteller vor diesem Hintergrund entspannt: „Zurzeit ist IP-Centrex aus unserer Sicht noch ein vor allem marketinggetriebenes Produkt. Ob und wann es sich am Markt etablieren wird, hängt nun davon ab, wie gut die Anbieter ihre Lösung am Markt positionieren.“ Und weiter: „Wir nehmen IP-Centrex ernst, sehen der Zukunft aber gelassen entgegen.“ Denn sollte sich IP-Centrex durchsetzen, wird auch Aastra einen Teil des Kuchens abgekommen – schließlich liefert der Hersteller schon heute Hardware an Centrex-Anbieter wie Nfon und QSC.
Herausforderung für den Channel
Für diese beiden IP-Centrex-Anbieter arbeitet unter anderem auch Allnet: „Bisher ist IP-Centrex im Fachhandel noch nicht gesetzt“, berichtet Johannes Haseneder im Gespräch mit Telecom Handel. Zwar habe er gemeinsam mit einigen Partnern schon Lösungen implementiert, die Nachfrage sei indes noch relativ gering. Viele Händler, wie auch Lutz Klein, fürchten zudem, durch IP-Centrex Umsätze zu verlieren, beispielsweise indem das Servicegeschäft entfällt. Ein Argument, das Bluestring-Chef Platil nicht gelten lassen möchte: Händler haben im Centrex-Bereich verschiedene Umsatzmöglichkeiten – dazu gehören einerseits die übliche Abschlussprovision, je nach Qualifikation können sie den LAN-Check durchführen und gegebenenfalls die Aufrüstung des Netzwerkes übernehmen. Dazu kommen bei einigen Anbietern noch Billsize-Beteiligungen und dann noch potenzielle Serviceverträge: „Denn die meisten Kunden können oder wollen dies nicht selbst durchführen, auch wenn es noch so einfach ist.“



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