Teilnehmerzahlen
29.07.2016, 13:20 Uhr

Mobilfunk: Kunde oder Karte? Oder Anschluss?

Die neuesten Geschäftszahlen von Vodafone zeigen: Es gibt kaum weniger Aussagekräftiges über den Erfolg eines Mobilfunk-Netzbetreibers als dessen Teilnehmerzahlen.
(Quelle: shutterstock / oneinchpunch)
Es ist ein Satz inmitten der Pressemitteilung von Vodafone zum aktuellen Quartalsergebnis, der aufhorchen lässt: "Für eine bessere Vergleichbarkeit weist Vodafone erstmalig die Gesamtzahl von 41,9 Millionen SIM-Karten in Deutschland aus, davon 30,3 Millionen Mobilfunk-Kunden".

Wie? Was? Quartal für Quartal stürzen sich Analysten und Medien auf die alle drei Monate veröffentlichten Geschäftszahlen, sezieren Umsätze, Ebitdas, Periodenergebnisse, und allzu gerne auch die Zahl der Kunden - und nun bringen die Düsseldorfer mit einem lapidaren Satz so viel Unordnung in die vermeintliche Ordnung.
Denn in jedem Vergleich, der sich auf die offiziellen Statistiken der Netzbetreiber bezog, zeigte sich doch klar, dass Telefónica mit rund 43 Millionen "Teilnehmern" den Markt anführt, während die Telekom auf nur gut 40 Millionen kommt – und Vodafone weit abgeschlagen bei etwas mehr als 30 Millionen rangiert.
So weit, so schlecht. Zumindest für Vodafone. So mancher ließ sich über den spektakulären Kundenverlust aus, den Vodafone seit 2012 erleiden musste – damals lag der Netzbetreiber mit rund 35 Millionen Teilnehmern zahlenmäßig sogar noch knapp vor dem Rivalen Telekom. Und bereits nur ein Jahr später klaffte eine Lücke von mehr als fünf Millionen zwischen den veröffentlichen Kundenzahlen der beiden Anbieter.
Es ist richtig, dass Vodafone seinerzeit die Marktführerschaft an die Telekom abgeben musste. Grund hierfür war jedoch ein sukzessiver Rückgang der Serviceumsätze – mit den kommunizierten Teilnehmerzahlen hatte dies dagegen so gut wie gar nichts zu tun. Denn: Jeder Netzbetreiber hatte sich eine ganz eigene Zählweise seiner Kunden angeeignet – wie sich in der neuen Differenzierung nach "Karten" und "Kunden" bei Vodafone herausstellt.

Kunden sind nicht gleich Karten

So zählte Vodafone bislang "Kunden", während für Telefónica "Anschlüsse" relevant waren. Die Telekom zählte zwar auch "Kunden", meinte aber eigentlich "Karten". Telecom Handel wollte es jetzt noch einmal ganz genau wissen und hat bei den Anbietern nachgefragt, was nun wirklich erfasst wird und was nicht.
Klar ist, dass "normale" Kunden mit nur einem Mobilfunkvertrag – also etwa Lieschen Müller und Hänschen Huber – bei allen Netzbetreibern als ein Kunde/Karte/Anschluss gezählt werden. Auch Zweitmarken - etwa Congstar, Otelo oder Blau - werden in ähnlicher Weise erfasst.
Schwieriger wird es bei fremden Providern oder MVNOs. Während diese bei der Telekom und bei Telefónica immer mitgezählt werden, differenziert Vodafone danach, ob diese komplett eigene Tarife auf den Markt bringen oder nicht. Konkret zählt 1&1 als MVNO, was bedeutet, dass Teilnehmer damit als Karte, nicht jedoch als Kunde gezählt werden. Teilnehmer von Mobilcom-Debitel sind aus Vodafone-Sicht hingegen sowhl  Kunden als auch Karten.
Einen großen Unterschied machen auch SIM-Karten, die für M2M (bzw. IoT) genutzt werden. Auch diese zählen Telefónica und die Telekom zu ihren Kunden, Vodafone hingegen bislang nicht. Wie groß der M2M-Anteil bei der Telekom oder Vodafone ist, wird nicht kommuniziert, bei Telefónica sind es derzeit 704.000 Karten.
Und um es noch komplexer zu machen: Autos mit eigebauter SIM-Karte wurden bei Vodafone bisher auch nicht als Kunde gezählt, bei Telefónica und der Telekom hingegen schon – sofern eine Aktivierung der Karte stattgefunden hat. iPad-User etwa aus den USA, die in Deutschland via eSIM einen Tages- oder Monatspass nutzen, zählt wieder Telefónica nicht mit, die Telekom und auch Vodafone hingegen schon.
Nicht zuletzt gibt es natürlich auch noch eine unterschiedliche Ausbuchungspraxis inaktiver Prepaid-Karten. Die Telekom bucht etwa nach 24 Monaten Nichtnutzung aus, die anderen Anbieter den Angaben zufolge früher.
Fazit: Die neue doppelte Zählweise von Vodafone mit Unterscheidung von Karten und Kunden macht die Sache zwar vergleichbarer, ist letztlich aber unerheblich. Was wirklich zählt, ist einzig und allein der Umsatz.




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